Demokratie – Medien – Persönlichkeit

“Ich mache das Radio am Morgen schon lange nicht mehr an. Wir werden doch ohnehin belogen!”

Aussage einer Workshopteilnehmerin

Autor: Marcus Ventzke

Wie interessiert man junge Leute für Politik? Wie ermöglicht man ihnen eine angstfreie und gleichwohl spannende Auseinandersetzung mit (aktuellen) politischen Themen wie Krieg und Frieden, Meinungsfreiheit und gesellschaftliche Spaltung? Wie spricht man über kritische Medienarbeit? Und das alles in einer Situation oftmals manifester gesellschaftlicher Spannungen. Konfrontationen, reine Informationsvermittlung und Belehrungen von oben herab funktionieren nicht. Das weiß jede gute Sozialkundelehrkraft, Medientrainerinnen und -trainer, die zum Beispiel das Thema Fake News berühren.

Aber wie geht es dann?

In einem Projekt zur Demokratiebildung an der Richard-Müller-Schule in Fulda erarbeiteten in der Woche vom 26. bis 29. September 2022 vier Gruppen junger Erwachsener an vier Tagen mit einem neu konzipierten und produzierten digital-multimedialen Material der Digitalen Lernwelten zu politischer Bildung brennende Fragen der Gegenwart: 

  • Demokratie: Was ist das? Was hat es mit mir zu tun? Und wie kann ich mitmachen?
  • Umgang mit Medien und Propaganda: Wie kann ich Absichten hinter medialen Erzählungen einschätzen? Wann wirken sie als wichtiges Regulativ, wann als Manipulativ?
  • Was sind die Hintergründe des Ukrainekriegs? Und gibt es einen weltweiten Kampf ‘globale Freiheit’ gegen ‘Kampf der Mächte’?
  • Wie kann ich eine eigene Meinung bekommen und mich von Beeinflussungsversuchen freimachen?

Das multimediale Material wurde mit dem mPublish-System der Digitalen Lernwelten gestaltet. Es basiert auf einem didaktischen Konzept, das

  • Themen multiperspektivisch aufbereitet,
  • Wertungen nicht unbegründet und frühzeitig setzt oder sie mit den Materialien, aus denen Erkenntnisse gewonnen werden sollen, in unfairer Weise vermengt,
  • die eigenständige Gewinnung von Wertungen und Urteilen zulässt,
  • dazu anregt, einen gemeinsamen geschützten Diskursraum zu gestalten und zu bewahren,
  • die Möglichkeit zur Distanzierung (von herausfordernden Themen, konfrontativen Meinungen, medialen Übergriffigkeiten und aggressiven Positionierungsforderungen) zulässt,
  • die Entwicklung vernunftbasierter Analyse- und politisch-historischer Orientierungsfähigkeit unterstützt und damit letztlich
  • zur Förderung einer selbstbewussten, meinungsstarken und teilhabefähigen Persönlichkeit beiträgt.

Dieser Ansatz wurde auch in die Planung und Durchführung des Workshops übertragen, der von einer wertschätzenden und anregenden Atmosphäre getragen wurde. Die Veranstaltung wurde von den Digitalen Lernwelten didaktisch geplant und vor Ort durchgeführt, wobei vier spezifisch spezialisierte Coaches zum Einsatz kamen.

In den Gruppen arbeiteten Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowohl aus dem berufsbildenden wie aus dem gymnasialen Bereich den ganzen Tag über interessiert, diskussionsstark und themenfokussiert zusammen.

Die Veranstaltung verknüpfte die nicht zuletzt sehr weitgehend auch interaktiv angelegten Möglichkeiten des digitalen Materials mit einer digitalen Seminarinfrastruktur, die unter Nutzung unterschiedlicher Analyse- und Präsentationstools sowohl eine Auseinandersetzung mit den Themen als auch die Gestaltung eigener medialer Produkte ermöglichte. Damit erfuhren sowohl Teilnehmerinnen und Teilnehmer als auch Besucherinnen und Besucher die Potenziale eines digitalen Unterrichts, der selbstgesteuertes, kritisch-analytisches Lernen wie kreativ-gestalterisches Arbeiten gleichermaßen integriert. 

Zudem wurde den Schülerinnen und Schülern gezeigt, wie sie ihr Lernen auch digital kooperativ und kollaborativ organisieren können: Mithilfe von Web-Whiteboards und Brainstormingtools erarbeiteten sie in Gruppen gemeinsam die Themen, sammelten Material, organisierten und strukturierten für sie relevante Inhalte und planten im Anschluss auch ihre eigene Medienproduktion. Denn ihre im Laufe des Vormittags gewonnenen Erkenntnisse bereiteten die Lernenden schließlich produktiv in Form selbst gestalteter digitaler Medien auf: Neben klassischen Präsentationen entstanden bspw. Podcasts, digitale Poster und Infosheets, simulierte Social-Media-Accounts mit dazugehörigen Posts sowie Green-Screen-Videos. Diese präsentierten die Schülerinnen und Schüler einander zum Abschluss, wobei ein lebhafter, kritisch-reflektierter Diskurs entstand.  

Im Bereich des medienkritischen Arbeitens wurden den Teilnehmenden zudem Kenntnisse bezüglich Datensicherheit, Urheber- und Nutzungsrechte sowie des Umgangs mit Materialdatenbanken vermittelt, damit sie sich auch auf digitalem Terrain sicher bewegen können.

Wir bedanken uns herzlich bei den Teilnehmenden für ihr außerordentliches Engagement und den Arbeitseifer, mit dem sie den Tag bestritten, sowie bei der Schulleitung und den Lehrkräften, die uns bei der Organisation unterstützend zur Seite standen. Vor allem danken wir den Auftraggebern, die es den jungen Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht haben, sich umfassend mit diesen wichtigen Themen zu beschäftigen: der Katholischen Akademie des Bistums Fulda mit Direktor Gunter Geiger und der Landesbeauftragten für Heimatvertriebene und Spätaussiedler Margarete Ziegler-Raschdorf aus dem Hessischen Innenministerium.


In der Presse:

https://osthessen-news.de/n11714361/digitales-demokratieprojekt-an-der-richard-mueller-schule-in-fulda-gestartet.html

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