Multimediale Ausstellungserschließung
Ausstellungen sind Plattformen für Vorstellungswelten mit unterschiedlichsten Fragerichtungen und Zielsetzungen. Damit sind sie prädestiniert für trans- und crossmediale Narrationen, die sich im Digitalen in nahezu jeder Form erschaffen lassen. Zudem ermöglichen digitale Medien immersivere Erfahrungen als rein analoge Ausstellungskonzepte. Das Institut für digitales Lernen entwickelt Konzeptionen für outcome-orientierte digitale Techniken, um
- die in Ausstellungen genutzten Medien in einen Zusammenhang zu bringen, der Medienbrüche vermeidet;
- (zeitgenössische) Wahrnehmungs- und Nutzungskontexte von Objekten in Ausstellungen zu (re-)produzieren und integrieren;
- gruppenspezifische Ausstellungsnutzungen ohne Umbaunotwendigkeiten und Zusatzmaterialien zu ermöglichen.
Konzeption für einen digitalen Ausstellungsbegleiter
Die Hauptausstellung eines Museums wie des Töpfereimuseums in Raeren (Belgien) basiert auf seinen einzigartigen Objekten: frühneuzeitliches Steinzeug für alle alltäglichen Nutzungen. Eine solche Ausstellung ist für viele Besucherinnen und Besucher jedoch nur dann spannend, wenn sie persönliche Zugänge zu den Objekten finden. Diese lassen sich über gute Geschichten finden, die von Menschen erzählt werden.
Im digitalen Museumsführer für das Raerener Museum kann man daher die Figur eines fiktiven, aber auf einer Quellengrundlage entwickelten, Töpfermeisters aus dem 16. Jahrhundert kennenlernen, der von Produktion und Vertrieb des Steinzeuges erzählt. Seine Geschichten sind alltags-, sozial- und technikgeschichtlich angelegt und auf der Grundlage eines schnell verstehbaren Personentableaus erzählt. Der Töpfermeister führt Besucherinnen und Besucher in seinen animierten Geschichten durch den digitalen Ausstellungsbegleiter und damit auch durch die Ausstellung. Die Entwicklung dieses Ansatzes basiert auf den geschichtsdidaktischen Konzeption der “Imagination” und der “Re-Humanisierung” (vgl. u.a. R. Schörken und J. Rüsen).
Der Museumsführer ist daher keine Konkurrenz für die Ausstellung, sondern hilft den Besucherinnen und Besuchern, die Objekte und ihre Geschichten zu verstehen. Auf Wunsch des Museums waren SchülerInnen zentral in die Produktion einbezogen. In mehreren Workshops wurden mit ihnen zusammen Inhalte erstellt, die für andere jugendliche Besucher spannend sind. Die Schüler erarbeiteten Themen für selbstgestaltete Videos, entwickelten kurze Geschichten und gestalteten Storyboards.
Forschungsfragen beziehen sich u.a. auf das Verhältnis von Ästhetik, geschichtlicher Information und User Experience. Ergebnis unserer Überlegungen ist ein ausstellungsspezifisches Begleitsystem, das von der Digitale Lernwelten GmbH unter dem Titel mGuide angeboten wird.
Bildende Kunst verstehen – Re-Humanisierung mit Augmented Reality
Wie können Gemälde ihre Botschaften preisgeben? Wie können Bilder von Besuchern gelesen werden?
Oftmals werden sie ohne jede hilfreiche Zusatzinformation präsentiert. Ihre Tiefe zu erahnen und zu erfühlen oder auf genialische Momente zu warten, in denen sie sich wie von Zauberhand offenbaren – das kann für eine moderne Ausstellung nicht der einzige Rezeptionsweg sein. Viele Besucherinnen und Besucher benötigen auch präsentierte Entschlüsselung oder Hilfestellungen zur Erkenntnis.
In einem Projekt mit der dem Museum der Künstlerfamilie Begas in Heinsberg, der Lebenshilfe und dem Institut für digitales Lernen wurde ein digital-multimedialer Museumsführers in Leichter Sprache entwickelt. Das Ziel dabei war ein differenzierbares System für alle medialen Darreichungsformen, um die Interessen aller Nutzergruppen aufgreifen zu können. Im Rahmen eines Workshops wurden Inhalte mit Schülerinnen und Schülern mit und ohne Behinderung konzipiert.
Eine Augmented-Reality-Anwendung lässt die Figuren eines Gemäldes zu den Betrachtenden sprechen und sie miteinander interagieren. Bildelemente wie Vorhänge und Brunnen werden beweglich. In unterschiedlichen Auswahloptionen können Besucherinnen und Besucher nun sowohl bildanalytisch arbeiten als auch Interpretationsmöglichkeiten aus den Diskursen der “verlebendigten” Figuren erfahren.
Diese Diskurse beziehen sich auf mögliche Absichten des Malers, auf gesellschaftliche Bedürfnisse der Zeit oder auch auf die Sichtweisen heutiger Betrachter. Besucherinnen und Besucher erfahren auf diese Weise Zusammenhänge, die sich ihnen durch bloßes Anschauen eines Bildes oft nicht erschließen.
Die Interaktion der Figuren wird visuell, auditiv und mittels Untertiteln ausgegeben. Die Bilder kommunizieren miteinander und fordern Betrachtende zu einer Auswahl auf.
Unsere Forschungsfragen beziehen sich vor allem auf Narrativität in Augmented Reality und auf die Differenzierung von Inhalten; Projekttitel: ‘ARtAlive‘.