Das vom BdV Hessen beauftragte und von der Hessischen Landesbeauftragten für Heimatvertriebene und Spätaussiedler geförderte Projekt “Flucht und Vertreibung im europäischen Kontext” erzählt von der Flucht- und Vertreibungserfahrung der Deutschen aus den Ostgebieten und ihren Neuanfang im Land Hessen nach 1945. Es ist multimedial angelegt, hat eine digitaldidaktische Strukturierung und damit einen klaren Bezug zur Nutzung in formalen oder informellen Bildungszusammenhängen.
Das Portal wurde in den letzten beiden Jahren von einem Team aus Fachredakteuren, Grafikerinnen, Programmierern und Medienproduzenten erstellt. Dabei wirken nicht weniger als 13 Autorinnen und Autoren mit. Das Projekt besteht aus neun Großkapiteln mit 39 einzelnen Themenkapiteln und hat (umgerechnet) einen Umfang von 393 Seiten Text. Hinzu kommen 1.103 Bilder (Fotos, Grafiken etc.), 806 Videos und 146 interaktive Elemente (realisiert auf H5P-Grundlage).
Im Zentrum des Projekts steht die Erfahrung der deutschen Vertriebenen am Ende des Zweiten Weltkriegs. Mehrere Kapitel befassen sich mit den konkreten Ereignissen dieser Zeit und den Auswirkungen, die sie auf die Betroffenen und deren Nachkommen hatten. Wichtig ist dabei immer, den persönlichen Erfahrungen Raum zu geben und sie gleichzeitig nie isoliert, sondern eingebettet in einen größeren Kontext zu betrachten. Das Leid der Vertreibung und der Verlust der Heimat war für Millionen Menschen prägend und hatte erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der beiden deutschen Nachkriegsgesellschaften. Es kann aber aus heutiger Perspektive nicht sinnvoll beschrieben und bearbeitet werden, ohne seine Vor- und Nachgeschichte ins Auge zu fassen.
Das Projekt bettet darum das Flucht- und Vertreibungsgeschehen in einen größeren historischen Kontext ein. Die lang- und kurzfristigen Voraussetzungen für diese Tragödie, das Aufkommen nationalistischer Ideen und Vorstellungen von ethnischer Reinheit im 19. Jahrhundert sowie die rassistische Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten werden genauso behandelt wie die aktuellen Fragen, die sich aus den Ereignissen von damals ergeben: Wie können ethnische Säuberungen bekämpft und verhindert werden? Wie können solch traumatische Erfahrungen verarbeitet werden? Ohne die Spezifik der deutschen Vetreibungserfahrung am Ende des Zweiten Weltkriegs zu negieren, wird dennoch die Notwendigkeit der BdV-Zielsetzung mit Bezügen auf aktuellere Kriegs-, Mord und Vertreibungsgeschehnisse – etwa im früheren Jugoslawien – verdeutlicht: Ein besonderer Schutz von Heimat und Kultur ist notwendig, weil Vertreibungen und Flüchtlingswellen bis zum heutigen Tag nicht gebannt sind.